Mattress Mick II

Mattress Mick

Also. Die Krise ist anscheinend vorbei. Der Irische Phoenix krabbelt langsam wieder aus der Asche. Und einer seiner Boten ist definitiv Mattress Mick (Wenn’s eine Übersetzung braucht: Matratzen-Michel). Viele Jahre war Michael Flynn im Möbelgeschäft tätig, bis er mitten in der größten Krise sein Alter Ego Mattress Mick erfand. Seitdem ist er als selbst deklarierter „verrücktester Matratzenverkäufer Irlands“ geradezu omnipräsent.

Billige Matratzen und billige Werbung seit 2012

Seine konventionellen Möbelgeschäfte schloss er 2012, seitdem gibt es einen großen Matratzen-Show-Room im Nord-Dubliner Coolock sowie einen kleinen Shop auf der Southside in der Pearse Street. Und man muss es dem guten Mattress Mick lassen – wer in Dublin mehr als ein paar Tage verbringt und sich auch mal außerhalb des Stadtzentrums aufhält, der entkommt seinen Werbungen kaum. Und bei denen beweist der Mann eine unbeschwerte Schmerzfreiheit, es grenzt an ein marketingtechnisches Genie.

Mattress Mick II

Die künstlichen Glanzsterne an Brille und Zähnen der Originale sind hier leider nicht zu sehen …

Ob Plakat am Straßenrand, auf Bussen oder auf Anzeigen im Evening Harold: Mattress Mick und seine rein irisch hergestellten Matratzen erobern Dublin. Seine überall im Geschäft aufgestellten Pappkameraden von sich selbst werden immer wieder für Parties gestohlen. Inzwischen wird er anscheinend sogar selbst als Stargast eingeladen. Auch den beliebten Nationalsport Rugby hat sich der gewiefte Matratzenvertriebler  für seine – ähm – unkonventionellen Werbeeinschaltungen unter den Nagel gerissen.

Mattress Mick

Und weil für jemanden wie den umtriebigen Geschäftsmann die Welt nicht genug ist, war neben zahlreichen Youtube-Videos wie zum Beispiel den Harlem Shake und einer neuen Website natürlich der Dreh eines eigenen Musikvideos der logische nächste Schritt: Seit Mitte Oktober ist der Rap Back with a bang online, und hat es nicht nur auf bald 55.000 Views gebracht, sondern sich selbst auch in verschiedenste Radiostationen und in die Irish Times.

Ich kann nur sagen – Hut ab, es wirkt! Mattress Mick ist auf dem besten Weg zum (Internet)-Phänomen. Zumindest hier auf der Insel, denn die Iren nehmen ihren ausgeflippten Haus- und Hofmatratzenverkäufer – wie sollte es anders sein? – mit Humor …

 

Anne Goldmann: Lichtschacht

Anne Goldmann: Lichtschacht

Kurzzusammenfassung:
Lena ist neu in der Stadt, schlägt sich mit Jobs durch, hofft Freunde zu finden. Eines Abends sieht sie, wie eine fremde Frau vom Dach gestoßen wird. Oder hat sie sich das bloß im Rausch eingebildet? Kann sie mit diesem Zweifel weiterleben? Wem soll sie sich anvertrauen? (Von der Verlagsseite Ariadne)

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Meine Meinung:
Auf diesen Roman wurde ich durch Lobeshymnen aufmerksam, die auf Buchblogs, denen ich vertraue, einhellig gesungen wurden. Und ich kann es auch nachvollziehen, irgendwie. Irgendwie? Ja. Denn Anne Goldmann hat mich a) so richtig aufs Glatteis geführt, und das für einen Großteil ihrer fast 400 Seiten. Das bei einem so reduzierten Charakter-Arsenal ist schon eine Leistung. Und b) hab ich das Buch richtig schnell ausgelesen. Ich konnte einfach nicht anders. Der sehr reduzierte Stil mit einfachen Sätzen baut eine geradezu hypnotische Wirkung auf. Man liest weiter und weiter und weiter, auch wenn – gerade im der Protagonistin Lena gewidmeten Teil – eigentlich gar nicht viel passiert. Das verdient großen Respekt. Davor ziehe ich den Hut. Auch vor der Atmosphäre, die Anne Goldmann aufbaut. Wirklich beeindruckend. Wien fand ich sehr schön und für mich stimmig dargestellt.

Dass ich nicht ganz so euphorisch in den Chor des Lobes für Lichtschacht einfalle, lag eher an der Heldin Lena. Sie war mir leider bis zum Schluss kaum sympathisch. Nun muss ich eine Figur nicht unbedingt mögen, um gerne von ihr zu lesen, aber bei Lena saß der Stachel besonders tief. Ich fand sie zickig, teilweise nicht nachvollziehbar darin, wie sie sich gegenüber anderen verhält. Wie spannend ich das Buch gefunden hätte, hätte ich mich ihr ein wenig stärker verbunden gefühlt, mag ich mir gar nicht ausmalen. Wahrscheinlich hat sie mich sogar vor einem spannungsinduzierten Herzinfarkt bewahrt, wer weiß. Aber so hat es mich beim Lesen gestört. Auch, dass der immer wieder zu Wort kommende Bösewicht so 100%ig böse war. Ist vielleicht meiner etwas naiven Auffassung geschuldet, dass es keine 100%ig bösartigen Menschen gibt. Aber: so wenig Differenzierung passte für mich nicht in einen sonst so nuancierten Roman wie diesen.

Trotzdem – ich hab ihn sehr sehr gerne gelesen und würde Lichtschacht auch all jenen wärmstens empfehlen, die spannende Geschichten abseits des Krimi-Mainstream lesen wollen.

Fazit:
Ein besonderer, wahnsinnig spannender, aber auch kantiger Roman mit einer (mir etwas zu) widerborstigen Hauptfigur. Auf jeden Fall lesen, um sich eine eigene Meinung zu bilden.