Daniel Glattauer: Darum

Kurzzusammenfassung: 
Ex-Lektor und Journalist Jan Rufus Haigerer ist eine freundlich-leere Hülle von einem Menschen. Eines Tages beschließt er, einen Mord zu begehen, und zwar am nächstbesten Menschen, der ihm über den Weg läuft. Danach will er nur eines: Dass ihm für seine Tat Gerechtigkeit widerfährt. Doch sein geradezu krankhaft wohlwollendes Umfeld weigert sich trotz Geständnis, Haigerer als Mörder zu akzeptieren und hindert ihn mit aller Macht daran, Buße zu tun …

Meine Meinung: 
Daniel Glattauer ist einer meiner liebsten österreichischen Autoren, schon seit seinen wunderbaren Kolumnen für den „Standard“. „Darum“ ist nicht mein erstes Buch von ihm, ich kenne schon die meisten anderen, inklusive seinem Hit Gut gegen Nordwind.  Glattauers Beobachtungsgabe sowie sein Gefühl für Sprache und Wortwitz begeistern mich auch diesmal wieder und ließen mich mehr als einmal schmunzeln. Vielleicht liegt es an meinem österreichischen Erbe, aber ich kann mir Rufus‘ zunehmenden verzweifelten Kampf gegen die Unschulds-Maschinerie, die da für bzw. gegen ihn ins Rollen kommt, richtig vorstellen.

Doch hinter der amüsant bissigen Ironie – sogar die einzige wirklich schockierende Szene ist dadurch leichter erträglich – steckt mal wieder eine sehr düstere, beklemmende Grundstimmung, die mir auch in Ewig Dein schon auffiel und aus meiner Sicht einer der Merkmale von österreichischen Autoren ist. Diesmal geht die von Humor glasierte Düsternis aber nicht von einem Gegenspieler sondern von der Hauptfigur selbst aus. Jans innere Leere und emotionale Verwüstung sowie das am Ende aus dem Hut gezauberte Motiv (ja, es gibt doch eins!) haben mich doch berührt, auch wenn mir Jan in seiner Lethargie nicht sehr sympathisch war.

Die Handlung an sich ist natürlich sehr konstruiert und teilweise an den Haaren herbeigezogen. Macht nichts. Für mich besteht die Stärke dieses Buches vor allem in der Sprache und der ironischen Gesellschaftskritik. Die ausnahmslos kurzen Sätze machen das Buch sehr einfach zu lesen, haben mich aber gerade im Mittelteil etwas ermüdet.

Fazit: Psychogramm eines „Mörders ohne Motiv“, das mich mit seiner Sprache und den amüsant-erschreckenden Seitenhieben auf die Natur der Vorurteile sehr gut unterhalten hat. Doch Vorsicht – unter dem leichtfüßigen Stil liegt eine Menge Tragik begraben.


 

2 Kommentare
  1. Kora
    Kora sagte:

    Klingt nach einem Buch ganz nach meinem Geschmack, bin ich doch sowohl Krimifan als auch Freund der Ironie.

    Eine wirklich gelungene Rezension, persönlich und ehrlich!

    Beste Stöbergrüße,
    Kora

    • Ellen Dunne
      Ellen Dunne sagte:

      Oh dankeschön, liebe Kora! Meine Rezensionen sind meist sehr spontan von der Seele geschrieben, also schön, wenn sie gefallen! Ja – ich wollte „Darum“ gar nicht so richtig als Krimi bezeichnen, eben weil es so viel von einem Psychogramm und einer Gesellschaftssatire hat. Aber in jedem Fall sehr lesenswert!

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