David Gray: Kanakenblues

Kurzzusammenfassung:

Es ist eine Nacht, die Hauptkommissar Boyle nie vergessen wird. Kurz hintereinander werden zwei junge Männer ermordet aufgefunden. Unter Hochdruck sucht Boyle nach einer Verbindung zwischen den Mordfällen, denn einer der Ermordeten ist ausgerechnet der Sohn des Hamburger Polizeipräsidenten. Bei seinen Ermittlungen bekommt Boyle es mit korrupten Polizisten, mächtigen Gangsterbossen und nicht zuletzt mit den Schatten seiner eigenen Vergangenheit zu tun.

Meine Meinung:

Hardboiled noir. Gibt es das Genre? Wenn nicht, dann hat David Gray es erfunden. Dieses Buch ist hart, schnell, erbarmungslos. Es ist bevölkert von zwielichtigen Halb- und Unterweltlern, verderbten Oberschichtsöhnen, korrupten Polizisten, toughen Frauen – und mitten drin „Kanake“ Younas Aris. Nach zig Jahren, die er in Deutschland friedlich verbracht hat, will er die Vergewaltigung seiner Tochter Sertab rächen und zieht eine Blutspur durch das nächtliche Hamburg. Aber auch an Hauptkommissar Boyles Stecken klebt jede Menge Dreck. Überhaupt: In diesem Buch ist nichts und niemand unschuldig, und am schlimmsten von allen sind die eigentlichen Hüter des Gesetzes. Es wird schnell geschossen, im großen Stil intrigiert und gerade in den markigen Dialogen manchmal genüsslich die Noir-Klischees bedient, immer wieder gewürzt mit Passagen, die schmunzeln lassen („Proletarier der Welt, verpisst euch!“). Und als ein blutiger Tag seinem Ende zugeht, gibt es anstatt einem Sieg der Gerechtigkeit nur die Gewissheit: Die Chancen, dass diese Welt eine bessere wird, stehen nicht gerade prächtig. Macht das Spaß? Und wie! Soll man das lesen? Auf jeden Fall! Denn David Gray hetzt uns mit viel Abwechslung, flottem Stil und Überraschungen gemeinsam mit Boyle durch die Nacht – und hat zumindest mich damit bestens unterhalten, auch wenn durchaus ernste, hintergründige Themen angeschnitten wurden. Nur eines hab ich bis zum Schluss nicht verstanden: Warum im Jahr 2000 noch so viele Münztelefone zum Einsatz kommen … aber das gehört eben zu einem echten hard-boyled (sorry, konnte nicht widerstehen!) dazu.

Fazit:

Harter, rasanter, unterhaltsamer crime noir mit Botschaft.

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