Eva Menasse: Quasikristalle

Kurzzusammenfassung:
Streng genommen hat dieses Buch keine Handlung. Es besteht aus 13 Schlaglichtern auf das Leben einer einzigen Frau – Roxane Molin – durch die Augen jener Menschen, die mit ihr zu tun haben (und nur ein einziges Mal ist sie das selbst), und zwar zu verschiedensten Lebensphasen, vom Teenager bis ins Großmutteralter. Das sind beileibe nicht nur Personen, die „Xane“ nahestehen, sondern auch flüchtige Begegnung, ihr Vermieter, eine Kinderwunschärztin … Wie in einem Puzzle entsteht das Bild einer Frau, und wird doch nie vollständig.

Quasikristalle

Meine Meinung: 
Habe ich schon einmal erwähnt, dass ich quasi-intellektuelle, aufgesetzte Buchtitel nicht leiden kann? Nein? Ist aber so.

Aber damit erschöpft sich meine Kritik an Eva Menasses Roman auch schon wieder. Denn ich habe jede Seite dieses Buches genossen, mich amüsiert, den Atem angehalten, den Kopf geschüttelt oder genickt. Frau Menasses Stil hat mich vor Neid erblassen lassen und ihre Art, die jeweiligen Erzähler der Kapitel und Beobachter von Xane durch ihre eigenen Äußerungen zu entlarven, fand ich ganz großartig.

Natürlich traf das Buch für mich auch persönlich einen zusätzlichen Nerv, da Xane ebenfalls eine Österreicherin im Ausland ist, geprägt von Erfahrungen, die sie ihrem Heimatland und den alten Freunden fremd machen, doch noch lange nicht zur „Einheimischen“ in ihrer Wahlheimat (Berlin). Und dass nebenbei ein paar schön beobachtete, feine Spitzen gegen meine Heimat und meine Landsleute abgeschossen werden, hat mich oft schmunzeln lassen – schuldbewusst, versteht sich. 🙂

Dieses Buch ist echte Literatur, ohne offensichtliche Spannungshandlung, mit vielen großen Fragestellungen und kleinen Facetten von scheinbar alltäglichen Menschen, an denen wir jeden Tag vorübergehen, die wir vielleicht als langweilig bezeichnen würden, doch die selbst Abgründe oder zumindest  Geheimnisse mit sich herumtragen. Und auch wenn wir mit einem Menschen das Leben teilen, sie als Freundin, Frau, Mutter oder Tochter kennen: Wir haben meist keine Ahnung, was noch alles hinter der Rolle steckt, die sie für uns spielen. Und das ist vielleicht auch gut so.

Mein Highlight (unter vielen):
„Gewiss, stimmte Kabasta freundlich zu, der auf die jahrhundertealte Fähigkeit seiner Landsleute zurückgreifen konnte, Aggressionen und Beschwerden höflich klimpernd durchzulassen wie ein Perlenschnurvorhang: Inhomogen, aber spannend. Ich würde sogar sagen, eine echte Herausforderung!“

Fazit:
Literatur, die interessant konstruiert ist und mit Stil und hohem Niveau unterhält. Was will man mehr?

2 Kommentare
    • Ellen Dunne
      Ellen Dunne sagte:

      Eine gute Entscheidung, wirst du nicht bereuen! 🙂 Hoffe, es geht euch allen gut!

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