Sascha Arango: Die Wahrheit und andere Lügen

Kurzzusammenfassung:
Henry ist ein erfolgreicher Schriftsteller. Er ist elegant, großzügig und sehr gefährlich. Denn Henry ist ein skrupelloser Hochstapler, der sich ein überaus angenehmes Leben geschaffen hat. Fatalerweise wird seine Geliebte von ihm schwanger. Nun müsste er seiner Frau alles erzählen. Aber muss er ihr wirklich alles sagen? Das würde seine Existenz vernichten. Einfacher wäre es, die Geliebte aus dem Weg zu räumen. Doch genau dabei passiert Henry ein fatales Missgeschick.

Meine Meinung:
Zugegeben – ich bin ein furchtbarer Lesesnob. Ich zer-analysiere, bin kritisch bis zum Exzess und langweile mich schnell, wenn mich der Schreibstil nicht überraschen kann. Umso euphorischer reagiere ich, wenn mich ein Buch packt, mich vor Begeisterung jauchzen lässt, dem Ende entgegenfiebern und und es zugleich fürchten lässt, während ich blättere und blättere und blättere. Die Wahrheit und andere Lügen ist so ein Buch. Es strotzt mit lakonischen, reduzierten Sätzen voller winziger Überraschungen und (schwarzem) Humor. Und was ich besonders mag: Obwohl gar garstige Dinge passieren, werde ich nie mit billigen Effekten, blutigen Detailbeschreibungen oder Folterszenen drangsaliert. Alles passiert in meinem Kopf.

Die Figuren sind nicht durchpsychologisiert doch in sich stimmig, und man weiß genau so viel von ihnen, um mit ihnen fühlen zu können, auch wenn sie sich geradezu abscheulich verhalten. Das gilt vor allem für Protagonist Henry, ein manipulativer, eiskalter und zugleich doch nicht gewissenloser Charakter. Aber auch die Verlagssekretärin Honor Eisendraht und Gisbert Fasch, allesamt ziemlich kleingeistige, rachsüchtige Fieslinge, fand ich wunderbar.

Ein Wort der Warnung an all jene, die sich einen klassischen Krimi/Thriller oder gar akkurate Polizeiarbeit erwarten. Lasst alle Hoffnungen fahren. Hier klaffen die Ermittlungslücken und bequeme Abschneider wie der Grand Canyon. Aber wie der geschmeidige Henry Hayden schafft es Sascha Arango mit flinker Zunge und einem nicht enden wollenden Strom von kleinen, amüsanten Plotüberraschungen, dass es mir alle Gesetze der Logik nur eines bedeuten. Nichts.

Appetithappen:
„Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, die rührendsten Komplimente ausgerechnet aus dem Mund des Feindes zu hören, auf dessen kalte Abscheu bisher Verlass war.“

„Henrys Name fiel wie ein Schwert.“

Fazit:
Lesen und lieben.